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Ig-Nobelpreis Forschung: 10x Lachen, 10x Staunen

Quadratische Collage mit humorvollen Motiven zu den Ig-Nobelpreisen: eine „Zebra-Kuh“ mit Fliegen, ein schwebender Frosch über einer Apparatur, Keks über Teetasse, Wombat samt würfelförmigem Kot, Bienen und ein Körperschema mit Punkten. Zentral prangt die große Überschrift „IG NOBEL: 10× WOW! Erst lachen. Dann staunen.“ Die Bildsprache verbindet Naturaufnahmen, Zeichnungen und Retro-Skizzen zu einem spielerischen Wissenschaftsmix.


Du magst Wissenschaft, aber bitte mit Plot-Twist? Willkommen in der Welt der Ig-Nobelpreise – jener Auszeichnungen, die „erst zum Lachen und dann zum Denken“ bringen. Genau das machen wir heute: Wir reisen durch zehn echte Studien, die klingen wie Stand-up, sich dann aber als verblüffend sinnvolle Wissenschaft entpuppen. Wenn dich solche Deep Dives begeistern: Abonniere gern meinen monatlichen Newsletter für mehr fundierte, überraschende Wissenschaftsgeschichten – kostenlos und jederzeit abbestellbar.


Die Ig-Nobelpreise sind keine Schmähpreise. Sie würdigen veröffentlichte Forschung, werden von echten Nobelpreisträger*innen überreicht und sind mittlerweile ein globales Schaufenster für kreative Neugier. Und manchmal führen „Freitagnacht-Experimente“ von der Kuriosität direkt zum großen Wurf – man denke nur an Andre Geim, der erst einen Frosch schweben ließ und später den echten Nobelpreis bekam. Klingt nach Klamauk? Ist es auch – aber eben kluger Klamauk, der Türen öffnet: zur Physik des Alltags, zur Biomechanik, zur Sinnesökologie und zu besseren Fragen.


Was Zebras wissen, Kühe lernen: Zebrastreifen als Insektenschutz


Die Szene wirkt wie ein Bauernhof-Cosplay: Schwarzrinder werden mit weißen Streifen bepinselt. Der Effekt ist messbar: Bis zu 50 % weniger Bremsen landeten auf gestreiften Kühen; entsprechend sanken Kopfschütteln und Schwanzschlagen. Hinter dem Gag steckt präzise Versuchsanordnung mit Kontrollgruppen – und eine ernsthafte Hypothese: Streifen stören das Bewegungserkennungssystem von Insekten.


Warum ist das mehr als ein Partytrick? Weil beißende Fliegen Stress, Verletzungen und Ertragsverluste verursachen – wirtschaftlich in Milliardenhöhe. Streifen statt Spray heißt: pestizidfrei, billig, sofort anwendbar. Es ist Biomimikry pur: Lernen von der Evolution statt Draufhalten mit Chemie. Die Natur hat schon eine Lösung – wir mussten nur genau hinsehen.


Der schwebende Frosch: Diamagnetismus zum Anfassen


Ein lebender Frosch schwebt in einem 10-Tesla-Magnetfeld. Das sieht nach Hogwarts aus, ist aber pure Physik: Wasser (und damit Frosch) ist schwach diamagnetisch und wird vom starken Magnetfeld abgestoßen – stark genug, um die Schwerkraft zu kompensieren. Das Experiment begann als „Freitagnacht-Spielerei“. Die Pointe: Derselbe Forscher erhielt später den Nobelpreis für Graphen.


Die Lehre? Grundlagenforschung braucht Spielraum. Nicht jede Entdeckung startet mit einem Förderantrag und Zielkennzahl. Manchmal beginnt Science mit: „Was passiert, wenn…?“ Und plötzlich liefert sie Anstöße – etwa für Anlagen, die geringere Schwerkraftbedingungen mithilfe magnetischer Levitation simulieren. Der schwebende Frosch ist ein Symbol: Neugier ist kein Luxus, sondern Motor.


Würfel aus dem Darm: Das Geheimnis des Wombat-Kots


Wombats sind die einzigen bekannten Tiere, die würfelförmige „Bausteine“ ausscheiden. Quadratischer Anus? Fehlanzeige. Das Rätsel lösten Forscher*innen im letzten Darmabschnitt: Vier Zonen mit unterschiedlicher Steifigkeit verformen den austrocknenden Kot zu Würfeln – eine mechanische Origami-Leistung weicher Gewebe.


Klingt kurios, hat aber Wumms: Wer weiche, nicht-achsensymmetrische Formen ohne Schneiden oder Gießen herstellen will, findet hier ein Nature-Blueprint – interessant für Soft-Robotics und Fertigung. Und medizinisch? Änderungen der Darmwandsteifigkeit könnten Krankheiten früh anzeigen. Aus „Haha“ wird „Aha“: Form folgt Gewebephysik.


Die angenehmste „Nasenspray“-Studie: Orgasmus gegen Verstopfung


Kann ein sexueller Höhepunkt eine verstopfte Nase befreien? Ein Team hat es mit Rhino-Messgeräten getestet – vor, unmittelbar nach dem Sex und Stunden später; plus Vergleich mit abschwellendem Spray. Ergebnis: Die Atmung verbesserte sich nach dem Orgasmus kurzfristig genauso stark wie mit Spray, hielt aber nur etwa eine Stunde.


Der Mechanismus ist plausibel: körperliche Aktivität, hormonelle Peaks, Aktivierung des sympathischen Nervensystems – das führt zur Vasokonstriktion in der Nasenschleimhaut. Die spannende Meta-Botschaft: Auch Alltagsanekdoten verdienen saubere Studien. Wissenschaft beginnt oft mit Beobachtung – und endet mit messbaren Effekten, selbst wenn das Thema schmunzeln lässt.


Die Kartografie des Schmerzes: Bienenstiche an 25 Körperstellen


Michael L. Smith ließ sich systematisch von Honigbienen stechen – dreimal pro Stelle, 25 Orte, von Oberarm bis Penisschaft. Er bewertete den Schmerz auf einer Skala von 1 bis 10. Die Spitzenreiter: Nasenloch, Oberlippe, Penisschaft. Die „sanfteren“ Zonen: Schädel, mittlere Zehenspitze, Oberarm.


Warum ist das mehr als eine Mutprobe? Weil subjektive Empfindung quantifizierbar wird. Der Datensatz zeigt, wie Schmerzempfindlichkeit über den Körper variiert – vermutlich zum Schutz empfindlicher Regionen. Damit ergänzt die Studie den berühmten Schmidt-Index (verschiedene Insektenarten) um eine Kartografie innerhalb einer Art – ein Baustein für die Neurobiologie der Nozizeption und dafür, wie man Überempfindlichkeiten versteht und vergleicht.


Vanille aus Kuhdung: Moleküle kennen keine Herkunft


Vanillearoma aus… Kuhmist? Chemisch ganz nüchtern: Dung enthält Ligninreste aus dem Gras. Lignin lässt sich in Vanillin umwandeln – günstiger als die Extraktion aus Schoten und chemisch identisch mit „natürlichem“ Vanillin. Ob man es essen will, ist Kopfsache; für Düfte, Kerzen & Co. taugt es allemal.


Die eigentliche Pointe liegt im Perspektivwechsel: Chemie arbeitet mit Strukturen, nicht mit Herkunftsstempeln. „Abfall“ ist oft nur Rohstoff ohne PR-Abteilung. Das ist Upcycling im Reagenzglas – und ein Denkanstoß für Kreislaufwirtschaft: Entscheidend ist, was Moleküle können, nicht wo sie waren.


Geburt per Zentrifuge: Wenn Technik den Menschen verfehlt


Ein Patent aus den 1960ern schlug vor, Gebärende auf eine rotierende Scheibe zu schnallen, um die „Ausstoßkraft“ zu erhöhen – Auffangnetz inklusive Klingel. Als Anschauungsobjekt ist das herrlich absurd; als Medizin wäre es grotesk gefährlich. Die Ig-Nobel-Würdigung zeigt: Nicht alles, was sich mechanisch sauber denken lässt, passt zum lebendigen Körper.


Hier kollidiert Solutionismus mit Biologie. Geburt ist kein Fließband, sondern ein komplexer, ganzheitlicher Prozess. Der Blonsky-Apparat ist eine Mahnung: Die Sehnsucht nach totaler Kontrolle produziert manchmal perfekte Lösungen für das falsche Problem. Gute Technik beginnt beim Menschen – nicht bei der Maschine.


Tee trifft Physik: Die Kunst des perfekten Tunkens


Wie lange darf der Keks ins Getränk? Die Antwort steckt in der Kapillarwirkung und der Washburn-Gleichung. Flüssigkeit wandert entlang mikroskopischer Poren; Struktur und Zeit sind entscheidend. Die praktische Regel: Keks horizontal halten, nur die Unterseite benetzen – oben bleibt trocken und stabil. Bonus: Tunken kann Aromen bis zu elffach stärker freisetzen.


Das Schöne: Hohe Physik, niedrige Einstiegshürde. Wer versteht, wie Tee den Keks durchtränkt, versteht auch, wie Öl durch Gestein fließt oder Bäume Wasser ziehen. Wissenschaft ist kein Podest – sie ist ein Werkzeugkasten für Alltag und Industrie. Und ja: Man kann beim Kaffee klüger werden.


Käse, Füße, Mücken: Sinnesökologie gegen Malaria


Malariamücken stehen auf Limburger Käse – genauer: auf die Bakteriennote, die auch menschlichen Fußgeruch prägt. Diese Erkenntnis führte zu hocheffektiven Fallen, die das „Aroma“ synthetisch nachbilden. Ergebnis: gezieltere Überwachung und Bekämpfung der Vektoren, ohne überall Insektizide zu vernebeln.


Das Prinzip dahinter ist subtiler als „Kill-Spray“: Verstehen, verführen, kontrollieren. Wer die Chemie der Wahrnehmung entschlüsselt, kann Verhalten lenken – schonender für Umwelt und Menschen. Hier rettet ein Schmunzler Leben.


Kopf unten, Welt anders: Wahrnehmung ist verkörpertes Denken


Wer sich bückt und durch die Beine schaut, sieht die Landschaft „gestauchter“: Distanzen wirken kleiner, Tiefe komprimiert. Der Effekt tritt auf, wenn der Körper umgedreht ist – selbst ohne Umkehrbrille. Steht man dagegen aufrecht und dreht nur das Bild, bleibt die Illusion aus. Das stützt die propriozeptive Theorie: Unser Gehirn interpretiert Seheindrücke im Kontext der Körperlage.


Die kurze Übung am Aussichtspunkt wird zum Lehrstück der Kognitionswissenschaft: Wahrnehmung hängt nicht nur von der Netzhaut ab, sondern vom Zustand des gesamten Systems „Körper-Gehirn“. Was wir sehen, ist eine Verhandlung zwischen Sensorik und Körpergefühl. Faszinierend alltagstauglich – und ein schöner Reminder, öfter die Perspektive zu wechseln.


Warum Ig-Nobelpreis Forschung mehr ist als Spaß


Die zehn Beispiele zeigen einen roten Faden: Neugier ist die effizienteste „Suchmaschine“, die wir haben. Sie stellt Fragen, die niemand gestellt hat, und schafft dadurch Optionen, die niemand auf dem Zettel hatte – von pestizidfreien Kühen bis zu Mückenfallen mit Käsebouquet. Die Ig-Nobelpreise entwaffnen mit Humor und öffnen dann den Raum für echtes Lernen. Erst lachen, dann staunen – und dann handeln.


Drei Dinge bleiben hängen:


  • Wissenschaft ist Methode, nicht Thema. Dieselben Werkzeuge erklären Keks, Krebsindikator und Käsefalle.

  • Ursprung ist kein Argument. Entscheidend sind Mechanismen, Wirkungen und Evidenz – ob im Dung oder im Diamagneten.

  • Perspektive ist alles. Wer sich „verkopft“, sollte ruhig mal durch die Beine schauen – metaphorisch und buchstäblich.


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Quellen:


  1. CNRS: Ig-Nobel – some serious science – https://www.cnrs.fr/en/update/ig-nobel-some-serious-science

  2. Georgia Tech: The Ig Nobel Prizes and Improbable Research – https://eas.gatech.edu/ig-nobel-prizes-and-improbable-research

  3. TPAC (Georgia Tech): Bibliometric Analysis of the Ig Nobel Prizes – https://tpac.spp.gatech.edu/projects/bibliometric-analysis-of-the-ig-nobel-prizes/

  4. Deutschlandfunk: Für skurrile Forschung – Ig-Nobelpreise in Boston verliehen – https://www.deutschlandfunk.de/ig-nobelpreise-in-boston-verliehen-102.html

  5. Wikipedia: Ig Nobel Prize – https://en.wikipedia.org/wiki/Ig_Nobel_Prize

  6. ZDFheute: Ig-Nobelpreis – Pizza für Eidechsen und Streifen für Kühe – https://www.zdfheute.de/panorama/ig-nobelpreis-wissenschaft-forschung-boston-usa-gewinner-100.html

  7. Popular Science: The 2025 Ig Nobel Prizes – https://www.popsci.com/science/ig-nobel-prizes-2025/

  8. BioRad Bioradiations: In Pursuit of (Ig) Nobility – https://www.bioradiations.com/in-pursuit-of-ig-nobility-the-ig-nobel-prize/

  9. Harvard Gazette: How did you get that frog to float? – https://news.harvard.edu/gazette/story/2024/04/how-did-you-get-that-frog-to-float/

  10. The Scientist: Zebra Cows Repel Flies – https://www.the-scientist.com/zebra-cows-repel-flies-and-win-ig-nobel-prize-73483

  11. The Japan Times: Japanese researchers win Ig Nobel Prize for painting cows – https://www.japantimes.co.jp/news/2025/09/19/japan/japanese-researchers-ig-nobel-prize-zebra-painted-cows/

  12. Chosun: Japanese Team Wins Ig Nobel Prize for Zebra-Striped Cows – https://www.chosun.com/english/world-en/2025/09/21/G2SRCNFFIVHRPHMEKMBJR4AWDQ/

  13. Farms.com: Zebra stripes on cows earns researchers Ig Nobel Prize – https://m.farms.com/ag-industry-news/zebra-stripes-on-cows-earns-researchers-ig-nobel-prize-713.aspx

  14. IFLScience: In 1997, Scientists Made A Frog Levitate – https://www.iflscience.com/in-1997-scientists-made-a-frog-levitate-63041

  15. Wikipedia: Andre Geim – https://en.wikipedia.org/wiki/Andre_Geim

  16. Improbable Research: Geim becomes first Nobel & Ig Nobel winner – https://improbable.com/2010/10/05/geim-becomes-first-nobel-ig-nobel-winner/

  17. Georgia Tech Biosciences: Studying Wombats’ Cubic Poop – https://biosciences.gatech.edu/news/studying-wombats-cubic-poop

  18. SciTechDaily: How Wombats Produce Cube-Shaped Poo – https://scitechdaily.com/how-wombats-produce-cube-shaped-poo-through-a-round-hole/

  19. BMJ: Study that finds good sex clears a stuffed nose – https://www.bmj.com/content/374/bmj.n2230

  20. PeerJ: Honey bee sting pain index by body location – https://peerj.com/articles/338/

  21. Wikipedia: Schmidt sting pain index – https://en.wikipedia.org/wiki/Schmidt_sting_pain_index

  22. Perfumer & Flavorist: Dung-Derived Vanillin Awarded – https://www.perfumerflavorist.com/flavor/ingredients/news/21870764/dung-derived-vanillin-awarded

  23. Amusing Planet: Child Birth by Centrifugal Force – https://www.amusingplanet.com/2019/12/child-birth-by-centrifugal-force.html

  24. Improbable Research: To hasten the birth of a child, apply centrifugal force – https://improbable.com/2013/07/18/to-hasten-the-birth-of-a-child-apply-centrifugal-force-blonsky/

  25. Len Fisher: The art and science of dunking – https://www.lenfisherscience.com/92-the-art-and-science-of-dunking/

  26. FYFD: Ig Nobel Fluids – Cookie Dunking – https://fyfluiddynamics.com/2013/09/back-in-1999-len-fisher-earned-an-ig-nobel-prize/

  27. The Guardian: How milk takes the biscuit for taste – https://www.theguardian.com/uk/1999/nov/09/timradford

  28. Improbable Research: The entomologist who seduced malaria mosquitoes with cheese – https://improbable.com/2019/11/12/the-entomologist-who-seduced-malaria-mosquitoes-with-cheese/

  29. The Guardian: Cheesy feet – https://www.theguardian.com/lifeandstyle/2006/nov/18/healthandwellbeing.features3

  30. APS: The Comical Science That Makes You Think (Ig Nobels 2016) – https://www.aps.org/publications/apsnews/201611/ig-nobels.cfm

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