Held oder Henker? Warum wir das Bild von Kolumbus neu bewerten müssen
- Benjamin Metzig
- 29. Juni
- 4 Min. Lesezeit

Fast jeder von uns hat es in der Schule gelernt: 1492 segelte Christoph Kolumbus über den Atlantik und „entdeckte“ Amerika. Ein Held, ein Visionär, ein mutiger Seefahrer, der eine neue Ära einläutete. Doch je tiefer man in diese Geschichte eintaucht, desto mehr bröckelt die strahlende Fassade dieses Mythos. Was, wenn diese „Entdeckung“ in Wahrheit der Beginn einer der größten Katastrophen der Menschheitsgeschichte war? Was, wenn hinter dem edlen Entdeckergeist eine unheilvolle Trias aus religiösem Fanatismus, unstillbarer Goldgier und einem daraus resultierenden Völkermord stand?
Genau das ist die Geschichte, die wir uns heute ansehen – eine Geschichte, die unbequem und brutal ist, aber absolut entscheidend, um unsere heutige Welt zu verstehen. Begleite mich auf einer Reise hinter die Kulissen der Heldenerzählung, zu den wahren Motiven und verheerenden Folgen der europäischen Ankunft in Amerika.
Die europäische Eroberung Amerikas war kein Zufallsprodukt, sondern ein Projekt, das auf einem perfiden Fundament aus Ideologie und Gier aufgebaut war. Die Rechtfertigung für die brutale Unterwerfung lieferte die Religion. Im Namen Gottes wurde geraubt, versklavt und gemordet. Das wohl zynischste Instrument dieser Logik war das sogenannte Requerimiento von 1513. Stell dir das mal vor: Ein spanischer Konquistador verliest auf Spanisch einen juristisch-theologischen Text vor einer Gruppe indigener Menschen, die kein Wort verstehen. Der Text fordert sie auf, sich der spanischen Krone und dem christlichen Gott zu unterwerfen. Weigern sie sich – was sie ja mussten, da sie es nicht verstanden –, wurde ihr Widerstand als rechtmäßiger Grund für einen „gerechten Krieg“, für ihre Versklavung und Tötung angesehen. Die Schuld wurde den Opfern einfach zugeschoben. Eine perverse juristische Fiktion, die Gewalt als gottgewollt legitimierte.
Doch die Ideologie war nur das Schmiermittel für den eigentlichen Motor der Eroberung: die Gier nach Gold. Kolumbus’ eigenes Bordbuch liest sich wie die fiebrige Suche eines Besessenen. Immer wieder schreibt er von Gold, von den unermesslichen Schätzen, die er für die spanische Krone zu finden hofft. Um diese Gier zu befriedigen, wurden Systeme der Zwangsarbeit etabliert, allen voran die Encomienda. Offiziell bekamen spanische Siedler eine Gruppe Indigener „anvertraut“, für deren Christianisierung sie sorgen sollten. In der Realität war es verschleierte Sklaverei. Menschen wurden zu Tode geschunden in den Silberminen von Potosí oder auf den Plantagen. Dieses System zerstörte nicht nur unzählige Leben, sondern auch die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen ganzer Völker.
Was dann folgte, lässt sich kaum anders als mit dem Wort Genozid beschreiben. Es war eine Katastrophe apokalyptischen Ausmaßes.
Der demografische Kollaps: Schätzungen gehen davon aus, dass in den ersten 150 Jahren bis zu 90 Prozent der indigenen Bevölkerung Amerikas ausgelöscht wurden. Ein ganzer Kontinent starb.
Die unsichtbaren Killer: Die Hauptursache waren Krankheiten wie Pocken und Masern, die von den Europäern eingeschleppt wurden. Die indigene Bevölkerung hatte keinerlei Immunität. Ganze Zivilisationen kollabierten, bevor sie überhaupt einen spanischen Soldaten zu Gesicht bekamen.
Der Columbian Exchange: Dieser biologische Austausch veränderte die Welt für immer, aber er war brutal asymmetrisch. Während Europa von neuen Nahrungsmitteln wie Kartoffeln und Mais profitierte, was zu einem Bevölkerungswachstum führte, erhielt Amerika tödliche Seuchen.
Der kulturelle Mord (Ethnozid): Gleichzeitig wurde versucht, die Kulturen selbst auszulöschen. Sprachen wurden verboten, heilige Stätten zerstört, Traditionen als „teuflisch“ verfolgt. Man wollte nicht nur den Körper, sondern auch die Seele dieser Völker brechen.
Ist das nicht absolut umwerfend und zugleich erschütternd, wie tief diese Verbindungen reichen und wie ein einzelnes Ereignis die Demografie und Ökologie des gesamten Planeten neu geordnet hat? Wenn du mehr solcher Geschichten, die unsere Welt bis heute prägen, nicht verpassen willst, dann ist mein monatlicher Newsletter genau das Richtige für dich. Du findest das Anmeldeformular direkt oben auf der Seite und bekommst einmal im Monat eine Dosis Faszination direkt in dein Postfach!
Diese Geschichte ist keine ferne Vergangenheit. Das koloniale Erbe ist bis heute spürbar – in globalen Ungleichheiten, in rassistischen Denkmustern und im andauernden Kampf indigener Gemeinschaften um ihre Rechte und ihr Land. Die Auseinandersetzung mit der dunklen Seite von Kolumbus ist deshalb kein Versuch, die Geschichte umzuschreiben, sondern sie endlich vollständig zu erzählen. Es geht darum, die Perspektive der Opfer anzuerkennen und zu verstehen, dass die Fundamente unserer modernen Welt auf einem Akt beispielloser Gewalt und Ausbeutung errichtet wurden. Was bleibt, ist die Frage: Wie gehen wir heute mit diesem Erbe um?
Was denkst du darüber? Ist die kritische Auseinandersetzung mit solchen historischen Figuren ein wichtiger Schritt oder eine übertriebene Geste? Ich bin unglaublich gespannt auf deine Gedanken – lass uns in den Kommentaren diskutieren! Und wenn dir dieser Beitrag die Augen geöffnet hat, freue ich mich riesig über ein Like.
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Verwendete Quellen:
Zur postkolonialen Kritik der Menschenrechte - https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/allgemeine-erklaerung-der-menschenrechte-2023/543196/zur-postkolonialen-kritik-der-menschenrechte/
Die wahre Geschichte des Christoph Kolumbus - https://www.graswurzel.net/gwr/2020/08/die-wahre-geschichte-des-christoph-kolumbus/
Bordbuch des Christoph Kolumbus - https://de.wikipedia.org/wiki/Bordbuch_des_Christoph_Kolumbus
Spanish Requirement of 1513 - https://en.wikipedia.org/wiki/Spanish_Requirement_of_1513
Las Casas, Destruction of the Indies, 1542 - https://nationalhumanitiescenter.org/pds/amerbegin/contact/text7/casas_destruction.pdf
Agrarstrukturen in Lateinamerika - https://de.wikipedia.org/wiki/Agrarstrukturen_in_Lateinamerika
Demografische Katastrophe - https://www.lai.fu-berlin.de/e-learning/projekte/caminos/lexikon/demografische_katastrophe.html
Eroberung Amerikas rottete Hälfte aller Ureinwohner aus - https://www.scinexx.de/news/geowissen/eroberung-amerikas-rottete-haelfte-aller-ureinwohner-aus/
The Columbian Exchange: A History of Disease, Food, and Ideas - https://scholar.harvard.edu/files/nunn/files/nunn_qian_jep_2010.pdf
Eurozentrismus – Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Eurozentrismus








































































































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