Risiko-Realität-Check: Sonnenbrand vs. Sonnencreme – was sagt die Wissenschaft?
- Benjamin Metzig
- 13. Aug.
- 4 Min. Lesezeit

Sonnenbrand vs. Sonnencreme: Die klare, evidenzbasierte Antwort
Sonne auf der Haut – klingt nach Sommer, Vitamin D und guter Laune. Gleichzeitig wabern widersprüchliche Schlagzeilen durch die Feeds: „Hormon-Schub aus der Tube“ vs. „Ohne SPF droht Hautkrebs“. Zeit für eine nüchterne Risikoanalyse: Was ist wirklich gefährlicher – Sonnenbrand oder Sonnencreme? Wenn dich faktenstarke, gut erklärte Wissenschaft interessiert, abonniere gern meinen monatlichen Newsletter für mehr Deep Dives ohne Hype.
Was wir sicher wissen: UV ist Klasse-1-Karzinogen
UV-Strahlung steht auf einer Stufe mit Asbest und Tabakrauch – Karzinogen der Klasse 1. Sie verursacht direkte und indirekte DNA-Schäden: UVB baut Pyrimidin-Dimere und (6-4)-Photoprodukte in die DNA ein, UVA erzeugt reaktive Sauerstoffspezies und oxidiert Basen wie 8-oxo-dG. Ein Sonnenbrand ist daher kein kosmetisches Malheur, sondern eine akute Entzündungsreaktion nach massiver DNA-Beschädigung; „Sonnenbrandzellen“ sterben programmatisch ab. Diese Schäden summieren sich über die Jahre auf einem „UV-Konto“. Besonders heikel sind blasenbildende Sonnenbrände in Kindheit und Jugend – sie treiben das spätere Melanomrisiko deutlich nach oben. Parallel wachsen die Fallzahlen: In Deutschland gibt es über 300.000 neue Hautkrebsdiagnosen pro Jahr; stationäre Behandlungen stiegen in 20 Jahren um 75 %, die jährlichen Todesfälle liegen bei > 4.400. Solarien verschärfen das Problem zusätzlich, weil dort teils extreme UV-Intensitäten auftreten.
Die Tube im Faktencheck: Risiken einordnen statt überschätzen
Sonnencremes arbeiten mit zwei Filterklassen. Chemische Filter (z. B. Octocrylen, Homosalat, Avobenzon) absorbieren UV und geben Wärme ab – meist angenehm in der Textur. Mineralische Filter (Titandioxid, Zinkoxid) reflektieren/streuen und absorbieren – sehr verträglich, aber oft „weißelnd“.
Häufiger Diskussionspunkt: Messbare Blutspiegel mancher chemischer Filter. Messbarkeit allein bedeutet jedoch keine Gesundheitsgefahr. In-vitro- bzw. Tierdaten zu hormonähnlichen Effekten entstanden oft bei Konzentrationen weit über realer Anwendung. Die EU-Sicherheitsbewertung (SCCS) kommt für zugelassene Höchstmengen zu dem Urteil: sicher – teils mit Nachschärfung, z.B. reduzierter Grenzwert für Homosalat in Gesichtsprodukten. Praktische Hinweise gehören dazu: Octocrylen kann bei alter/warmer Lagerung zu Benzophenon zerfallen – also Haltbarkeitsdatum beachten. Beim UVA-Filter DHHB wurden in Einzelfällen Spuren von DnHexP (Phthalat) gefunden; Behörden sehen bei den gemessenen Mengen kein akutes Risiko, fordern aber saubere Lieferketten.
Lokalreaktionen gibt es ebenfalls: Kontakt-/Photoallergien durch bestimmte Filter, Duft- oder Konservierungsstoffe; die Mallorca-Akne profitiert von fett- und emulgatorfreien Gelen/Fluiden. Nanopartikel aus Titandioxid/Zinkoxid machen mineralische Filter transparenter; durch gesunde Haut dringen sie nach heutigem Stand nicht in relevanter Menge. Sprays bleiben die Ausnahme – Einatmen vermeiden. Und die Umwelt? Manche Filter (z. B. Oxybenzon/Octinoxat) stehen im Verdacht, Korallen zu schädigen; UV-Filter sind in Gewässern nachweisbar. Abhilfe: korallenfreundliche Formulierungen wählen, Creme einziehen lassen und Textilschutz nutzen.
Sonnenbrand vs. Sonnencreme: die Nutzen-Risiko-Rechnung
Toxikologie unterscheidet zwischen Gefahr (was etwas prinzipiell kann) und Risiko (was unter realen Bedingungen wahrscheinlich passiert). Ein Filter, der im Reagenzglas hormonähnlich wirkt, beschreibt eine Gefahr; ob daraus ein Risiko wird, entscheidet Dosis × Exposition. Genau das bewerten BfR und SCCS laufend. Dermatologische Fachgesellschaften sind deutlich: Der nachgewiesene Schutz vor Hautkrebs überwiegt das allenfalls theoretische Risiko zugelassener Inhaltsstoffe bei sachgemäßer Nutzung. Verbrauchertests setzen teils unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe (Wirksamkeit vs. Vorsorgeprinzip), doch in einem Punkt herrscht Konsens: Jede funktionierende Sonnencreme ist besser als ein Sonnenbrand.Wenn dich dieser Faktencheck überzeugt oder überrascht hat, like den Beitrag und teile deine Perspektive in den Kommentaren – welche Erfahrungen hast du mit verschiedenen Filtern gemacht?
Der Praxisteil: So schützt du dich klug
Erfolgreicher UV-Schutz folgt einer klaren Hierarchie – und die Reihenfolge zählt:
Vermeiden: Zwischen 11–16 Uhr Schatten suchen; ab UVI 3 Schutz, ab UVI 8 direkte Sonne strikt meiden.
Bedecken: Dicht gewebte Kleidung, breite Krempenhüte, Sonnenbrille mit UV-400.
Cremen: Für unbedeckte Haut – kein Freifahrtschein für längere Sonnenzeiten.
Worauf es bei der Creme ankommt: LSF ≥ 30 für Erwachsene, 50+ für Kinder/helle Haut/Meer & Berge. Achte auf Breitbandschutz und das UVA-Kreissymbol (UVA-Schutz ≥ 1/3 des LSF). Menge realistisch: ca. 2 mg/cm², also 3–4 Esslöffel (~40 ml) für den ganzen Körper; eine 200-ml-Flasche ist nach etwa 5 Anwendungen leer. 20–30 Minuten vor der Exposition auftragen, alle 2 Stunden sowie nach Baden/Schwitzen/Abtrocknen erneuern – Nachcremen verlängert nicht die Tagesmaximalzeit, es erhält den Schutz.
Sensible Gruppen: Säuglinge im ersten Jahr nicht direkt der Sonne aussetzen (Kleidung & Schatten statt Creme). Für Kleinkinder: LSF 50+, möglichst duftstoffarm, häufig mineralische Filter. Allergische/sensible Haut profitiert von mineralischen Filtern oder modernen, gut verträglichen chemischen Filtern; bei Mallorca-Akne lieber fettfreie Gele/Fluide, bei Akne „nicht-komedogen“, bei Rosazea eher leichte Texturen, oft mit mineralischem Schutz. Umweltfreundlicher wird’s mit korallenfreundlichen Formeln, Nicht-Nano-Mineralfiltern, Einziehzeit vor dem Baden und zusätzlicher UV-Kleidung im Wasser.
Die wissenschaftlich klare Entscheidung
Sonnenbrand vs. Sonnencreme - Die Bilanz ist eindeutig: Sonnenbrand ist um Größenordnungen gefährlicher als Sonnencreme. UV ist ein gesichertes Karzinogen mit hoher Krankheitslast; zugelassene Filter sind reguliert, geprüft und überwacht – mit Anpassungen, sobald Daten es erfordern. Wer Vermeiden–Bedecken–Cremen beherzigt, schützt seine Haut effektiv vor Krebs und vorzeitiger Alterung.Für mehr Evidenz statt Angst-Narrativen folge unserer Community:
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Verwendete Quellen:
Krebsinformationsdienst: Hautkrebs – Risikofaktoren & Vorbeugung – https://www.krebsinformationsdienst.de/hautkrebs/vorbeugung
Deutsche Krebshilfe: UV-Strahlung und Hautkrebs – https://www.krebshilfe.de/informieren/ueber-krebs/krebs-vorbeugen/uv-strahlung-und-hautkrebs/
Deutsche Krebshilfe: Solarien – Risiken – https://www.krebshilfe.de/fileadmin/Downloads/PDFs/Praeventionsratgeber/408_0013_Ins_rechte_Licht_gerueckt_Krebsrisikofaktor_Solarien.pdf
PubMed: Insight in DNA Repair of UV-induced Pyrimidine Dimers – https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27935042/
PMC: DNA excision repair – https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC3442910/
PMC: UV wavelength-dependent DNA damage & skin cancer – https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC3289542/
PubMed: Solar UV damage to cellular DNA – https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30065996/
PMC: UVA generates pyrimidine dimers directly – https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC2716568/
DKFZ/KID: Kinder besonders schützen – https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/detail/hautkrebsrisiko-uv-strahlung-schuetzt-eure-kinder
RKI/ZfKD: Krebs in Deutschland 2019/2020 – https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/krebs_in_deutschland_2023.pdf?__blob=publicationFile
Destatis: 75 % mehr stationäre Hautkrebsbehandlungen – https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2024/PD24_22_p002.html
BfR: Sonnencreme und Co. – Gibt es gesundheitliche Risiken? – https://www.bfr.bund.de/fragen-und-antworten/thema/sonnencreme-und-co-gibt-es-gesundheitliche-risiken/
SCCS Opinion on Octocrylene – https://health.ec.europa.eu/document/download/2928185b-f8b7-474e-937a-052a90a90970_en
GOV.UK SAG-CS: Octocrylene in cosmetic products – https://assets.publishing.service.gov.uk/media/671a005f90065cdcd3faf89e/sag-cs-opinion-15-octocrylene-3-in-cosmetic-products.pdf
SCCS: Scientific advice Homosalate – https://health.ec.europa.eu/system/files/2022-08/sccs_o_260.pdf
GOV.UK SAG-CS: Homosalate Opinion – https://assets.publishing.service.gov.uk/media/682dde88a599d03a16bff3b3/sag-cs-opinion-17-homosalate-in-cosmetic-products.pdf
Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG): Nutzen von Sonnencremes überwiegt – https://derma.de/presse/uebersicht/detail/schutz-vor-hautkrebs-durch-sonnencremes-ueberwiegt-risiko-von-moeglicherweise-schaedlichen-inhaltsstoffen
Umweltbundesamt: UV-Filter in Sonnenschutzmitteln – https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/4031/publikationen/umid-02-20-uv-filter_in_sonnenschutzmitteln.pdf
SRF Kassensturz: Viele Sonnencremes schaden der Umwelt – https://www.srf.ch/sendungen/kassensturz-espresso/tests/test-sonnencreme-die-meisten-schaden-der-umwelt
BfS: UV-Index – https://www.bfs.de/DE/themen/opt/uv/uv-index/einfuehrung/einfuehrung.html
BfS: UV-Schutz durch Sonnencreme – https://www.bfs.de/DE/themen/opt/uv/schutz/sonnencreme/sonnencreme.html
BfS: Sonnenschutz für Eltern (Kita/Grundschule) – https://www.bfs.de/SharedDocs/Downloads/BfS/DE/broschueren/unterricht-uv/brosch-eltern-gs-online.pdf
Stiftung Gesundheitswissen: Sonnenschutz der Haut – https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/umweltfaktoren/sonnenschutz-der-haut
DOUGLAS Ratgeber: Lichtschutzfaktor – https://www.douglas.de/de/c/sonnenpflege/sonnenpflege-ratgeber/lichtschutzfaktor/99180112
Jean&Len: UVA-Kreis-Symbol erklärt – https://www.jeanlen.de/about/wir/magazin/was-bedeuten-der-lichtschutzfaktor-und-das-uva-kreis-symbol-auf-unseren-sonnensprays#:~:text=Produkte%2C%20die%20ein%20%E2%80%9EUV%2D,ein%20Drittel%20des%20Lichtschutzfaktors%20betr%C3%A4gt.
Beyer & Söhne: Nanopartikel in Sonnencreme – https://www.beyer-soehne.de/post/nanopartikel-in-der-sonnencreme
ÖKO-TEST: Kritische UV-Filter – https://www.oekotest.de/kosmetik-wellness/Sonnencreme-Diese-vier-UV-Filter-sollten-Sie-meiden_11405_1.html
Stiftung Warentest/Übersichten – https://www.t-online.de/ratgeber/gesundheit/drogerie/id_85805586/sonnencreme-test-neue-uv-schutz-testsieger-der-stiftung-warentest.html
Heliocare Tipps: Sonnencreme bei Problemhaut – https://heliocare-sonnenschutz.at/tipps/sonnencreme-fuer-problemhaut
AOK/Avène/Eucerin (Rosazea/Mallorca-Akne) – https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/haut-und-allergie/rosazea-das-koennen-sie-gegen-die-hauterkrankung-im-gesicht-tun/








































































































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